Feb. 20, 2021

kunst und natur

Quod natura relinquit imperfectum, ars perficit.
Was die Natur unvollständig lässt, vervollständigt die Kunst.
— heißt es in der Alchemie —


natur ist schon vorhanden beziehungsweise wurde bereits erschaffen, kunst muss erst erschaffen werden. kunst und natur sind gegensätze. und doch finde ich den gedanken reizvoll kunst als erweiterung der natur zu sehen. die natur wird durch die phantasie des menschen erweitert. (meine freundin mirella führt hier weiter aus: »kunst ist angewandte phantasie«.) die phantasie ist eigentlich eine bezugnahme des menschen auf die welt allgemein. sie ist abbild seiner subjektiven wahrnehmung seiner welt und damit das einzige, was zu hundert prozent ehrlich, authentisch, aufrichtig und somit wahr ist. die kunst ist das einzig ehrliche, aufrichtige, wahre im menschen. hier verstellt sich der mensch nicht. er kann sich gar nicht verstellen, es gibt kein sich verstellen in der kunst.

der mensch ist auch natur, kann sich aber, im gegensatz zur schon vorhandenen ursprünglichen natur reflektieren. dies befähigt ihn schöpferisch tätig zu sein. natürlich käme die natur (welt) auch ohne den menschen aus, aber dann wäre es eben langweilig. kunst ist spannung. spannend, weil vielseitig. die vielseitigkeit der kunst verhält sich analog zur anzahl der individuen auf dieser welt. jedes individuum nimmt die welt unterschiedlich auf/wahr/hat einen individuellen bezug zur welt. der künstler transferiert die bezugnahme auf die welt in seine eigene sprache. ich glaube, dass jedes menschliche individuum imstande wäre, seine eigene art von kunst zu erschaffen. wenn nur jedes individuum dies sehen oder wollen würde oder sich besser fokussieren könnte …

kunst ist auch fokus. ich stelle die these auf: je fokussierter ein kunststück ist, desto mehr bewegt es im konsumenten. der künstler konzentriert sich auf eine empfindung. dadurch wird sie so intensiv, dass ihm ausdruck möglich ist. im besten fall bewegt das kunststück etwas im konsumenten/erlangt das kunststück aufmerksamkeit beim konsumenten. ein künstler, der niemanden mit seiner kunst bewegen will, ist für mich ein uninteressanter künstler. ob seine kunst deswegen schlecht ist, darüber wage ich nicht zu urteilen.

es gibt so viele negative dinge, die uns daran hindern so zu sein wie wir wirklich sind (hemmungen, ängste, sozialer druck [den wir uns übrigens meistens selbst machen]) oder das zu sagen was wir wirklich denken. durch kunstschaffen kann der mensch das, was tief in seinem innern ist, herauslassen/ausdrücken. niemand kann ihm ankreiden, dass es »falsch« ist. in der kunst gibt es kein richtig oder falsch, kein gut oder böse. es gibt eigentlich gar kein »falsch«, da jede wahrnehmung subjektiv ist. somit gibt es eigentlich auch keine negativität.

man könnte somit sagen, dass kunst imstande ist in des menschen sicht negatives zu eliminieren, ihm den raum wegzunehmen. es gibt nichts negatives in der kunst, höchstens eine negative perspektive darauf. diese wird wiederum nur vom menschen gesehen. kunst löst emotionen in uns aus. emotionen sind lebendigkeit. durch lebendigkeit spürt sich der mensch erst richtig. was wäre die welt, wenn das leben auf ihr nicht gespürt werden könnte von einem objekt? kunst berührt den menschen. die welt berührt den menschen. die welt ist das basis-objekt der kunst.

using allyou.net